Ich finde, diese wunderbare Methode des Familienstellens kann man einfach theoretisch kaum beschreiben, da sie getragen wird von den Emotionen, den Schwingungen, den Verbindungen in den Systemen und zwischen den Menschen, die dazu gehören. Es ist eine kostbare Arbeit, deren Wirkung man immer noch nicht komplett erklären kann, aber deren Wirksamkeit mittlerweile als erwiesen gilt und die in vielen Therapieformen schon anerkannt und integriert ist. Ich versuche hier trotzdem mal eine rein schematische Erklärung des Ablaufs wiederzugeben.
Allgemein geht man davon aus, dass es grundsätzliche Ordnungen in den vorhandenen Systemen gibt. Sei es das Familiensystem, das berufliche System oder das in Vereinen, Religionen, Freundschaften usw.. Alles und Alle in dem System folgen einer gewissen Grundordnung. Ist diese Ordnung gestört, so entstehen Probleme in den Verbindungen, die auf alle, die dazugehören eine Wirkung ausüben. Mit der Familienaufstellung haben wir eine großartige Möglichkeit, diese gestörten Ordnungen sichtbar zu machen. Wir machen nämlich mit dieser Methode das innere – oft unbewusste – Bild des Ratsuchenden sichtbar und erhalten meist schon sehr deutliche Hinweise darauf, wo in dem aufgestellten System etwas nicht oder nicht mehr stimmig ist.
Wie geht das?
Der Ratsuchende schildert zu Anfang kurz und ohne Ausschmückung, mit welchem Thema er zum Seminar gekommen ist. Die Palette der Probleme ist unendlich groß und vielfältig. Egal, ob es sich um eine augenscheinlich leichte Problematik handelt oder ein gar großes Thema, die Vorgehensweise ist grundlegend die gleiche. Die Personen, die im Problem des Klienten relevant sind, werden aufgestellt.
Macht man diese Arbeit nicht in der Gruppe, so können für die Stellvertreter Figuren (Strukties) gestellt werden.
Was bedeutet das?
In der Gruppenarbeit werden aus der Reihe der Anwesenden, Stellvertreter für die genannten wichtigen Personen zum Anliegen ausgesucht, und vom Ratsuchenden so im Raum platziert, wie er glaubt, dass sie einen guten Platz haben. Der Klient entfernt sich aus dem Geschehen, nachdem er auch noch einen Stellvertreter für seine Person gewählt hat und beobachtet in der Folge das Geschehen erst mal von außen. Die Stellvertreter gehen nun in Resonanz mit dem Familiensystem, für das sie stehen und das ihnen meist unbekannt ist. Das bedeutet, sie fühlen sich einfach nur ein in den Platz, auf den sie gestellt wurden. Dank der nun folgenden Reaktionen, Äußerungen und Handlungen kann – in Zusammenarbeit mit dem Klienten – die Störung im System erkannt, verändert und die Ordnung wieder hergestellt werden. Am Ende jeder Aufstellung ist es wichtig, dass jeder einen Platz hat, auf dem er gut stehen kann.
Resultat
Immer wieder sind Menschen, die an einer Familienaufstellung aktiv oder als Beobachter teilgenommen haben, fasziniert von dem, was bei dieser Arbeit passiert. Oftmals zeigen die Stellvertreter Reaktionen oder sagen Sätze, wie sie die eigentlichen Systemmitglieder empfinden oder äußern würden. Auch körperliche Empfindungen wie Krankheitssymptome oder Mimik und Gestik werden übernommen.
Es ist faszinierend, wie klar die eigentliche Problematik oftmals in der Aufstellung deutlich wird, obwohl keiner vorher auch nur ahnen konnte, wo sie liegt. Wunderschön und wichtig ist bei dieser Methode, dass man erkennen kann, warum Menschen im System so gehandelt haben, Verstrickungen erkannt und gelöst werden können und Verbindungen gelöst oder hergestellt werden können, ohne dass man mit den betroffenen Realpersonen aufeinandertrifft. Doch durch das neu erschaffene innere Bild, das der Ratsuchende mit ins Leben nimmt, und somit durch die neue innere Haltung können sich ab diesem Zeitpunkt die Dinge im System ändern und das Problem gelöst werden.
Ich denke, dass ein paar kurz umschriebene Beispiele verdeutlichen, wie die Arbeit funktioniert:
1. Beispiel
Eine Frau kommt zum Seminar, da ihr Vorschulkind als hyperaktiv diagnostiziert wurde und die Unruhe und Unkonzentriertheit des Kindes die ganze Familie mittlerweile belastet, am meisten natürlich die Mutter, die den ganzen Tag mit ihm zusammen ist und die durchwachten Nächte mit ihm verbringt.
In der folgenden Aufstellung wird klar, dass die Mutter seit frühester Jugend im Erlebnis des frühen Todes des Vaters, den sie mit ansehen musste, hängt. Es ist dieses einschneidende Ereignis, das sie gefangen hält und weswegen sie den Blick für das eigene Kind gar nicht frei hat. Der Stellvertreter ihres Sohnes stand in der Aufstellung außerhalb ihrer Blickrichtung. Würde ihr Sohn also nicht ständig zappeln, würde sie ihn gar nicht wahrnehmen.
2. Beispiel
Eine ältere Frau sucht Rat, da ihre Angst vor Männern immer stärker wird, obwohl es in ihrem Leben keinen ersichtlichen Grund dafür gibt. Ihr Druck etwas zu ändern ist mittlerweile sehr groß, da sie Angst vor ihrem eigenen Bruder hat.
In der Aufstellung zeigt sich, dass ihre Mutter im Krieg von Soldaten missbraucht wurde und dieses, wie viele Geschehnisse dieser Zeit, aber nicht verarbeitet wurde. Da die Systeme nichts vergessen, erinnert das ihre durch die unbewusst übernommene Angst vor Männern an das Geschehene, damit es endlich angeschaut und angenommen werden kann.
